Als ich jünger war, die meisten würden sagen klein, musste ich zum Arzt. Ich sollte mich auf die Liege setzen, nicht hinlegen, das schien dem Herrn Doktor sehr wichtig zu sein, denn seine Stimme hatte den Ton, den die Stimmen von Erwachsenen immer annehmen, wenn sie über kiloschwergewichtvolle Dinge sprechen. Er nahm einen kleinen silbernen Hammer und zuppelte mein Becken ein wenig weiter nach vorne, sodass meine dünnen schlaksigen Beine, die mein Vater immer als Kackstelzen bezeichnet hatte, frei schwangen in der Luft über dem Boden. Heute weiß ich übrigens, dass ich bei dieser Untersuchung damals viel aufmerksamer hätte sein müssen, denn ich würde gerne diesen Trick beherrschen und die exakte Gradzahl des damaligen Winkels wissen, damit meine Beine wieder einmal frei schwingen können heute in meinem vollgepackten Leben. Aber ich möchte an keiner Universität der Welt Medizin studieren und seit ich kann, gehe ich nicht mehr zum Arzt. Der, zu dem ich damals gehen musste, meine Mutter hatte mir das verklickert, und zwar mit einer selbst für ihre Verhältnisse sehr kiloschwergewichtvollen Stimme, hatte dann einen kleinen silbernen Hammer genommen, in seine rechte Hand, und er hatte damit geklopft auf meine Knie, erst auf das eine, dann auf das andere. „Das machen wir, um deine Reflexe zu testen.“, sagte er mit einer Stimme, die wohl ruhig wirken sollte, ich allerdings war nicht viel mehr als höchst irritiert, denn zum einen machten wir hier gar nichts, und zweitens wusste ich von meinem Bruder, dass man eine Rolex nicht testen brauchte, das war nämlich etwas, das man entweder hatte, und das auch mit einer sehr kiloschwergewichtvollen Stimme vortrug oder eben nicht. Mein Knie, das eine nach dem anderen, hüpfte derweil, seinen leichten Schlägen folgend, nach oben und es schien, als würde der Arzt zufrieden sein mit dem was er da sah. Vielleicht ist damals mein bis heute anhaltendes und so tiefsitzendes Misstrauen in Ärzte gewachsen, denn ein Arzt, der mit einem kleinen silbernen Hammer in seiner rechten und einer schwergewichtigen Stimme in der linken Hand von sich in der Mehrzahl spricht und versucht eine Rolex in zwei Kinderknien zu testen, ja, das erscheint mir auch heute noch recht seltsam.
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